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medianexus 1998-2001 Die Nationalbibliothek ward digital ein noch größerer Born des Wissens denn je zuvor, zumal auch Teile des Internets archiviert werden... pstein urgierte seinerzeit, der interessierten öffentlichkeit möge hiermit also auch der Link zur nationalbibliothekarische erfassten früheren Version von https:// nicht vorenthalten bleiben: medianexus 1.0 in der ÖNB medianexus 2001-2003 https:// war lange nicht da - aber nie ganz weg. Zwischenzeitlich mussten sich einige BesucherInnen wundern: warum verwandelt sich eine Plattform für medien.theorie, die drei Jahre lange hehre Ziele wie die Veröffentlichung interessanter studentischer Seminararbeiten und ähnliches propagiert hat, plötzlich in zweilichten Katalog mit unter anderem Links zu PornoanbieterInnen? Nun, des Rätsels Lösung: kein Rotlicht-Mogul hat neidisch auf unsere Hits geblinzelt und uns derart astronomische Summen für den Namen gebeten, so dass wir alle längst in der Karibik chillen... nein, alles kam ganz anders: unser Server stand auf der ÖH Uni Wien und wurde von dieser auch betreut. Demgemäß war als "Technical" und "Billing Contact" die Adresse der ÖH angegeben. Nach dortigem "Regimewechsel" dürfte die Aufforderung zur Weiterbezahlung der Domain wohl in der Rundablage gelandet sein - wir verloren die Domain an einen Grabber aus dem fernen Ausland, der über 600 Dollar dafür haben wollte - die wir nicht bereit waren zu bezahlen. Reich dürfte er nicht geworden sein, denn eines schönen Tages war die Adresse https:// wieder zu haben; ein happy Ende also, wenn auch zwischenzeitlich mit einigem Ärger verbunden. medianexus 2003-2004 - verschwunden im Neben der Geschichte - medianexus 2005 Im Rahmen eines FT-Projekts am Institut für IPK in Wien wurde die Domain zum Betrieb eines begleitenden Forums verwendet. seit 2006 Verwendung der Seite als Newsplattform und Linksammlung. |
Herr Kollege, das ist nicht Kommunikationswissenschaft. Eine Kritik.von Richard Pettauer, Peter Steinberger
Oszillieren: Interdisziplinarität <-> AbgeschlossenheitMathematik ist eine "Hilfswissenschaft" der Physik. Die Ergebnisse und Formeln der höheren Mathematik bewegen sich auf einem Abstraktionsniveau, das gerade aufgrund seiner Exaktheit, die eine sich aus den Axiomen ergebende Notwendigkeit darstellt, zum Scheitern verurteilt ist, wenn es die Welt modellieren soll. Ohne das Instrumentarium, das die Mathematik in ihrem Streben nach in sich abgeschlossener Perfektion zur Verfügung stellt, wäre die Gesamtheit der uns heute geläufigen Naturwissenschaften undenkbar, nicht jedoch die Naturwissenschaften selbst. In ihrem von der Mathematik geerbten Bemühen nach Exaktheit liegt ihre Ironie darin, daß sie in ihren Überschneidungspunkten mit der realen Welt, den Anwendungen, die sich aus der Applikation eines abstrakten Systems auf Umwelt ergeben, nützlich sind als Annäherungen. Der Blickpunkt erscheint in der westlichen Kultur in eine bestimmte Richtung hin verschoben, was keinesfalls eine Wertung bedeuten soll: anstatt anzunehmen, daß die Naturwissenschaften Fehler schaffen, weil ihre idealisierten, exakten Berechnungen nicht genau mit der Realität übereinstimmen, heißt es, die Realität schafft nicht die Erfüllung des von der Berechnung gegebenen Versprechens. Die Reinheit und Perfektion des Systems läßt sich nur aufrechterhalten, wenn der Fehler auf die Umwelt produziert wird. So wird der Mensch als Schöpfer tätig, als Schaffender einer quantifizierten und daher quantifizierbaren Welt. Den Naturwissenschaften stehen als Antipode die Humanwissenschaften gegenüber, die von keiner Wissenschaft ein Grundaxiom geerbt hätten, das ihnen erlaubte, ähnliche Konsistenz zu erreichen. Deshalb hat die Humanwissenschaft zum einen eine Tradition der Selbstreflexion entwickelt, und zum anderen, da ersteres sich offensichtlich als nicht befriedigend (genug) erwiesen hatte, zum anderen eine Annäherung an die mathematischen Wissenschaften, aber in dieser Fusion lag nur begrenzt das Potential den Fehler auf den Untersuchungsgegenstand zu projezieren: er liegt hier immer noch im System, da die fehlende Exaktheit und Stimmigkeit der Ergebnisse kein konsistentes System ergeben, sondern eine Phalanx konfligierender Diskurse. In der Tradition dieser kurz aufflackernden Hoffnung steht Max Webers Wunsch nach einer "Soziologie des Zeitungswesens", in dieser Tradition steht die Meinungsforschung Noelle-Neumann'scher Prägung, und diese kurzzeitige Verschiebung des Schwerpunktes hat tiefe Spuren gerade in der Kommunikationswissenschaft hinterlassen. Als junge Disziplin fiel die Suche nach dem Forschungsgegenstand nicht schwer, zumal der Name Zeitungswissenschaft lautete, die Suche nach geeigneter Methode hingegen schon. Und so kann man sich schwerlich des Eindrucks erwehren, daß die Publizistik, die ihre Methoden von der Soziologie ausgeborgt hatte, umso bedachter darauf sein mußte, sich durch sorgfältige Wahl ihres Forschungsgegenstandes zu definieren. Die Verbreitung elektronischer Medien führte rasch zu Anpassung und Redefinition zur Beforschung der Massenkommunikation, gleichzeitig balancierten sich quantitative und qualitative Ansätze immer mehr aus. Die Heisenberg'sche Unschärferelation war im Lichte dieser Entwicklung die wohl paradigmatischste Veränderung für die gesamte Wissenschaft: während sie für die Naturwissenschaft zur "conditio sine qua non", einer bisher ungekannten Ungewißheit wurde, war die Humanwissenschaft immer "schärfer" geworde?Šn. Kaum zu überschätzen ist dabei der Einfluß des Computers, der quantitative Untersuchungen in bisher kaum gekanntem Umfang erlaubte. Aus der Publizistik ist Kommunikationswissenschaft geworden, aus der Industrie- die Informationsgesellschaft. Und mit dem von Norbert Bolz konstatierten "Ende der Gutenberg-Galaxis", der medialisierten Gesellschaft und dem Ausbau der Datenhighways sieht sich diese Kommunikationswissenschaft mit einer kulturphilosophischen, und einer informationstechnischen Dimension konfrontiert, die in dieser Deutlichkeit vorher nie zu Tage getreten waren. Unsere These lautet daher, daß die Kommunikationswissenschaft als Wissenschaft mit ihrem eigenen, abgeschlossenen Forschungsgegenstand "Medien" nicht existiert. Kommunikationswissenschaft ist ein interdisziplinares Feld der Überschneidungspunkte von Kulturphilosophie, Informatik, Kunstgeschichte, Soziologie, Publizistik, Pädagogik, Kognitionspsychologie, Geschichte... Eine Wissenschaft, die gar nicht anders beschaffen sein kann, wenn sie die Wechselwirkungen von Medien und Gesellschaft untersuchen will. Die technischen Rahmenbedingungen, die Rezeptionsgeschichte von Medien, die menschliche Wahrnehmung sind Bereiche, die derart forschungsrelevante Hinweise liefern, ß sie nicht mit dem Vorwand "Herr Kollege, das ist nicht Kommunikationswissenschaft!" vom Tisch gefegt werden können. Die Kommunikationswissenschaft orientiert sich nicht nach einem Gegenstand, den sie exklusiv bearbeitet, und auch nicht nach Methoden, welche die ihren sind. Der Aufgabenbereich der Kommunikationswissenschaft entfaltet sich dort, wo es darum geht, Wechselwirkungen im Zusammenwirken von Menschen, Maschinen und Medien zu konstatieren und zu untersuchen. Die vorliegende Arbeit soll aufzeigen, daß diese Kommunikationswissenschaft sich als eine Art Metadiskurs begreifen läßt, und daß die Grenzen der Disziplin weiter gefaßt sein könnten als die Restriktionen mancher Lehrenden vermuten lassen. Oszillieren: Postsrukturalistisch <-> PositivistischDer Versuch eines poststrukturalistischen Ansatzes Im folgenden möchten wir den Rahmen für eine Methode der komunikationswissenschaftlichen Analyse skizzieren, die durch poststrukturalistische Ansätze inspiriert wurde. Dazu verorten wir die Kommunikationswissenschaft im Kontext der Sozialwissenschaften oder, um auch die neue Fakultätsbezeichnung besser zu treffen, im Kontext der Human- und Sozialwissenschaften. Für den Sozialwissenschafter ist wahrscheinlich die wichtigste Errungenschaft des Poststrukturalismus, mehr Augenmerk auf die komplizierten Arten zu legen, in der Sprache und Diskurs verwendet werden, um soziale, ökonomische, wissenschaftliche, etc. Phänomene mit Bedeutung zu belegen und somit aber gleichzeitig ihre (die der Phänomene) Art zu operieren beeinflussen. Wenn wir bestimmte kommunikationswissenschaftliche Phänomene untersuchen wollen, ist es unserer Ansicht nach sinnvoller, die Diskurse und Erzählungen, also jene Geschichten, die Bedeutung und Orientierung erzeugen, heranzuziehen, als seitenlange Fragebögen zu erstellen, deren Ergebnis man in den meisten Fällen schon vorweg prognostizieren kann. Entweder positiv oder negativ - je nachdem wie das Ergebnis eben aussehen soll.(1) Das Ergebnis dieser Untersuchungen führt zu einer symbolischen Wissenschaft, die allzu leicht zum Handlanger und Materiallieferanten symbolischer Politik wird. Eine vergleichbare Erfahrung mußte das Wiener Institut ja schon nach 1946 machen. Haas(2) schreibt bezeichnend:"Intellektuell isoliert bemühten sie [Anm.: die frühen Vertreter des Faches] sich staatsnahe und politisch unmittelbar verwertbare Arbeit zu leisten. Die vereinzelten interdiszilinären Versuche sind Ausnahmen geblieben."(3) Doch zurück zum eigentlichen Thema. Die poststrukturalistische Kritik betont einige Aspekte, die in der traditionellen Kommunikationswissenschaft größtenteils ignoriert werden.(4) Beispiele für diese Aspekte sind die Wichtigkeit der Diskurse und Narrative für die Konstruktion sozialer Realität, die Konstruiertheit von Akteuren und Institutionen in Politik, Ökonomie, Wissenschaft und Gesellschaft im Allgemeinen. Die Frage, warum die "Neue Kronen Zeitung" so viel Einfluß und Macht hat, läßt sich unserer Meinung nach nur ungenügend mit der hohen Auflagenzahl und Verbreitung argumentieren. Die poststrukturalistische Kritik will die Dichotomie von Akteur und Struktur vermeiden und eine diskursanalytische Perspektive anbieten. Diese Perspektive erkennt die Wichtigkeit von strukturellen Phänomenen und Kontext zum Verstehen sozialer Gefüge an, ohne dabei den Akteur zum Opfer der Strukturen zu reduzieren. "Black Box" WissenschaftPoststrukturalistische Analyse ist Teil einer größeren, noch relativ jungen Bewegung in den Sozialwissenschaften und im speziellen der Wissenschaftssoziologie. Diese neue Richtung versucht Wissenschaft "von innen" zu erkunden - Wissenschaft als Wissensraum und als ein soziales System, das untrennbar mit Gesellschaft und Politik im weitesten Sinne verbunden ist. Bruno Latour ist einer der bekanntesten Vertreter, die angetreten sind, diese "Black Box" Wissenschaft zu öffnen. Was er fand, waren soziale Konstruktionen, Diskurse und Einschreibungen. Eine "Black Box" beinhaltet jenes, über das nicht mehr nachgedacht werden muß, hat also stabilisierende und in weiterer Folge festsetzende Bedeutung. Die neue Wissenschaftssoziologie kam also zu der Erkenntnis, daß "Black Boxes" (also so etwas wie gegebenes objektives Wissen) zu vermeiden sind, und daß stattdessen wissenschaftliche und technologische Phänomene als Ergebnisse komplexer sozialer Vorgänge und Konstruktionen zu betrachten sind. Die Entscheidung, ob eine Hypothese als verifiziert (oder falsifiziert) gilt, ist Endpunkt eines komplexen sozialen Prozesses innerhalb einer bestimmten Umgebung. Wissenschaftliches Wissen (methodisch gesichertes) entsteht weiters nicht aus der Anwendung präexistierender Regeln auf bestimmte Hypothesen. Auch die Sprache ist kein neutrales Kommunikationsmedium - ganz im Gegenteil. Damit bewegte sich der Focus auf die sozialen Prozesse hinter und innerhalb der Wissenschaften und der Technologie, aber auch auf die Sprache. Sprache als das bildende Medium, durch das Wissen, Wahrheit, Bedeutung, sowohl wissenschaftliche als auch technologische Objekte und soziale Identität erst ermöglicht werden. Was sind die Schlüsselbegriffe und Themen postruktualistischer Analyse? Der klassische Strukturalismus geht auf Ferdinand de Saussure zurück und ist praktisch der Ausgangspunkt poststrukturalistischer Kritik an Sprache und Bedeutung. Saussure entwickelte seine Vorstellung von Struktur anhand der Analyse der Sprache. Für ihn bezieht sich Struktur auf das ordnende Prinzip, demzufolge das Lexikon einer Sprache artikuliert wird. Dieser Prozeß funktioniert durch Differenzierung und Verbindung. Alle Elemente, die ein Zeichen hörbar und lesbar machen, müssen klar unterscheidbar von anderen sein. Mit anderen Worten, es muß möglich sein, zwischen verschieden Zeichen zu unterscheiden. Saussure sagt, daß dies aufgrund der Bedeutung der Zeichen alleine nicht möglich ist - man muß auch ihren Ausdruck verstehen. Daraus folgt: eine Struktur ist ein System von Paaren - Bedeutung und Ausdruck, Signifikat und Signifikant - so daß jeweils ein und nur ein Signifikat (das Bezeichnete) jedem Signifikanten (Lautbild, Schriftbild) zugeordnet ist. Für Derrida unternahm Saussure damit einen entscheidenden Schritt in Richtung Kritik der Sprache. Denn mit seinem Ansatz verwarf Saussure die Vorstellung, daß Wörter nichts anderes als Bilder preexistierender Ideen sind. Ich möchte nun auf einige der zentralen Konzepte des poststrukturalistischen Analyserahmens näher eingehen. RepräsentationDie poststrukturalistische Perspektive argumentiert, daß es so etwas wie eine "theorieneutrale Beobachtungssprache" nicht gibt. Infolgedessen glaubt die poststrukturalistische Perspektive nicht, daß "die Wahrheit da draußen liegt" und daß diese durch das neutrale Medium der Sprache repräsentiert werden kann. Was bedeutet dies für die Kommunikationswissenschaft? Es bedeutet, daß die Ergebnisse von Wissenschaft und Technik auf komplexe Einschreibungs- und Repräsentationsprozesse zurückgehen. Weder das Phänomen "Vera" oder "Kronen Zeitung" noch das Phänomen Vereinsamung durch Medienkonsum oder Angst vor der Informationsflut sind einfach "dort draussen" und warten nur darauf, entdeckt und studiert zu werden. Konsequenterweise ist die "Wahrheit" eines Events, einer Situation oder eines Artefakts immer Ergebnis eines Kampfes zwischen verschiedenen Sprachspielen oder Diskursen, welche "das, was da draußen ist" in sozial relevante Signifikate transformieren. SchreibenAuf Grund der inhärent unentscheidbaren "Natur" der Realität ist eine der Hauptantriebskräfte des Menschen, Ordnung und Struktur in die Welt zu bringen. Struktur ist aber nie von sich aus gegeben. Der poststrukturalistischen Theorie folgend, ist schreiben jener Prozeß, in und mit dem Menschen ihrer Umwelt Ordnung einschreiben. Es ist eine Art, den Fluß der Welt in räumlicher und zeitlicher Dimension zu fixieren. Regierungsprogramme und Presseaussendungen, -konferenzen sind Beispiele für solche Versuche Ordnung zu erzeugen. Schreiben wird als ein Akt des Einschreibens von Kennzeichen oder Zeichen auf einer Oberfläche, die Repräsentation erzeugt, sei es als Blatt Papier oder als DNA Doppelhelix, verstanden. Dementsprechend können politische Parteien, Interessensvertretungen aber auch Redaktionen und Agenturen als symbolische Produkte angesehen werden, die hervorgehen aus dem "Geschriebenen" und konstituiert werden durch jene, die sie beobachten und an ihnen teilnehmen. Die textuelle Arbeit der Analyse, wie zum Beispiel diese (Seminar-)Arbeit, erzeugt unweigerlich einen Prozeß des Wiederschreibens und Neuschreibens und Transformierens - daher muß auch Lesen als Akt des Schreibens verstanden werden. Natürlich ist das Schreiben einer Analyse immer auch Mitarbeit an der Produktion eines Phänomens als reines, neutrales Beschreiben und Repräsentieren. Dezentrierte SubjekteDerridas Theorie des Schreibens hilft uns weiter in Richtung eines nicht-dichotomatisierenden Konzepts der Akteur - Struktur Beziehung. Aus der poststrukturalistischen Perspektive können Subjekt bzw. Akteur nicht als der Ursprung sozialer Beziehungen betrachtet werden, denn auch sie (die Akteure) hängen ab von, bzw. beruhen auf spezifischen diskursiven Möglichkeiten. Zum Beispiel dürfen jene, die Organisationen und Institutionen "schreiben", erzeugen und darstellen nicht als autonome, rationale Akteure betrachtet werden. Damit wird die logozentrische Denktradition in Frage gestellt, die, pointiert betrachtet, besagt, daß der selbst-bewußte, rationale Geist eigenständig Gedanken produziert. Derrida verwirft diese logozentrische Konzeption des Schreibens und argumentiert, daß Sprache nicht ohne Schrift möglich wäre. In diesem Sinne wird das selbst-bewußte moderne Subjekt abgelöst von der Idee einer verknüpften und fragmentierten Textur als dem Ausgangspunkt der Subjektivität. Daher ist es auch empfehlenswerter, von Subjektpositionen als von Subjekten zu sprechen. Subjektpositionen sind strategische Positionen innerhalb eines spezifischen Diskurses. Auch wenn es vielleicht im ersten Moment nicht so aussieht, hier geht es nicht darum zu behaupten, daß es den menschlichen Akteur nicht mehr gibt. Zweifellos ist ein Kommissär der Europäischen Union, zum Beispiel Martin Bangemann, in einer sehr mächtigen Position und kann manchmal ungeheure Kräfte und Ressourcen mobilisieren, um seine Ziele zu erreichen. Wir müssen aber auch verstehen, daß die jeweilige Person nicht unabhängig vom europäischen Telekommunikationsdiskurs agieren kann, denn dieser Diskurs beeinflußt sie und damit ihre Sicht der Dinge und ihre Ziele natürlich auf die verschiedensten Arten und strukturiert so ihre Handlungsmöglichkeiten und Aktionen. Die sozialen Grenzen von Wissenschaft und WissenFür Jahrzehnte orientierten sich die Methoden der Kommunikationswissenschaft recht blind an denen der Naturwissenschaften. Die "weichen", damals noch als Geistes- oder Grund- und Integrativwissenschaften bezeichnet, Humanwissenschaften wollten mindestens genauso "harte" Ergebnisse liefern wie die Naturwissenschaften.(5) Anfang der achtziger Jahre zerstörten verschiedene Analysen und Erkenntnisse dieses "heile" Weltbild, indem sie aufzeigten, daß die idealen Modelle recht wenig mit der täglichen wissenschaftlichen Praxis in Fächern wie Biologie oder Physik zu tun haben. Diese Arbeiten sind aus zwei Gründen wichtig für unsere kommunikationswissenschaftliche Tätigkeit. Erstens zwingen sie uns, unsere Konzepte von wissenschaftlichem Wissen und Technologie zu überdenken. Zweitens unterstützen diese Ergebnisse bestimmte, wenn man so will, postpositivistische Tendenzen, indem der Focus auf den sozialen und linguistisch konstruierten Charakter wissenschaftlicher Arbeit gerichtet wird. Ein üblicher Ansatz ist es, den analytischen Schwerpunkt auf die Repräsentationen von wissenschaftlicher Praxis und Wissen in sozialen Situationen zu legen und dadurch Wissenschaft von Nicht-Wissenschaft abzugrenzen. Dieser Prozeß wird oft als "boundary work" bezeichnet. Boundary work ist also das Zuweisen ausgewählter Charakteristika an wissenschaftliche Institutionen, um so soziale Grenzen zu konstruieren, um so gewisse, durchaus intellektuelle, Tätigkeit. als Nicht-Wissenschaft zu kennzeichnen. Boundary work umfaßt also jene Prozesse, die vorhandene Grenzen fortsetzen oder brechen und dann neue Grenzen zwischen Wissenseinheiten, zum Beispiel Disziplinen oder ihren Unterbereichen, schaffen. Wissenschaft stellt sich damit als ein Raum dar, der seine Legitimität und Autorität durch mehr oder weniger ständige Verhandlungen, über seine flexiblen und kontextabhängigen Grenzen und Territorien erhält. Immer dann, wenn - zwangsläufig - Überschneidungen entstehen, treten Grenzobjekte auf, die Schnittpunkte verschiedener Welten darstellen. Ganz plakativ kann zum Beispiel das Internet als so ein Grenzobjekt betrachtet werden. Grenzobjekte trennen Gruppen von Akteuren, gleichzeitig verbinden sie sie aber. So hat zum Beispiel der Physiker ein eher technisch-wissenschaftliches Bild des Internets, während der Politiker ein eher laienhaftes Bild des Internets haben wird. Trotzdem können beide miteinander kommunizieren, weil beide, trotz aller Unterschiede, einige grundlegende Bedeutungen teilen. Nichtsdestotrotz wird, wenn die beiden miteinander reden, der Politiker der Laie und der Wissenschaftler der Experte bleiben. Das bedeutet auch, daß eine Hierarchie der Glaubwürdigkeit aufgebaut wird. Um den Konnex zur Kommunikationswissenschaft zu verdeutlichen, kann statt dem Physiker und dem Politiker natürlich auch der Medienpädagoge dem Ökonomen gegenübergestellt werden. Der semiotische Charakter wissenschaftlicher PraxisIm Experiment wird ein Raum der Repräsentation eröffnet, der es dem Wissenschaftler ermöglicht, Dinge wissenschaftlich wahrnehmbar und greifbar zu machen. Normalerweise wird so argumentiert, daß diese Repräsentationen ein Modell dessen darstellen, was "dort draußen in der Natur so vor sich geht". Aber wie soll man feststellen, was "dort draußen" vorgeht, wenn man kein Modell dafür hat. Konsequenterweise ist also die Referenz jedes Modells ein anderes Modell. Egal, wie tief der Archäologe gräbt, er wird die alles grundlegende Realität nicht freilegen können. Die jeweils realisierte, aktuelle Repräsentation ist eine Episteme, die abhängig ist von einem bestimmten technischen und instrumentellen Hintergrund. Wissenschaftliche Repräsentation drückt niemals etwas Intrinsisches aus. Wir können also sagen, Wissenschaft ist eine Form des Schreibens. Narrative und DiskurseWoher kommen diese Metanarrative und Narrative? Wer steckt hinter den Narrativen? Sind Narrative nur Vehikel und Instrumentarien geschickter Akteure im Kampf um Macht? Narrative hängen von Texten ab. Der Text ist ein konkretes und fixes Produkt. Nur durch den Text können wir an das Wissen der Erzählung kommen. In Kontext gesetzt wird der Text zum Teil einer Erzählung, zum Teil der Narrative und artikuliert so auch die Beziehung zwischen Autor und Leser. Wir unterscheiden zwischen Metanarrativen und Narrativen. Metanarrative beschreiben generelle Konzepte und Werte sozialer Gemeinschaften. Die Modernisierungsdebatte, Neoliberalismus, das Projekt des Wohlfahrtsstaats oder die Informationsgesellschaft sind Beispiele für Metanarrative. Die Narrative hingegen sind viel spezifischer und bilden den Rahmen für verschiedene Organisationsprinzipien. Diese Organisationsprinzipien beschreiben die Struktur von Beziehungen, die Ereignisse mit Bedeutung füllen und sie damit in Narrative integrieren. Wenn wir die Informationsgesellschaft als Metanarrativ verwenden, dann wäre "Soziales Leben in Online Communities" ein Beispiel für ein Narrativ. Eng an das Konzept der Narrative ist die Idee des Diskurses gebunden. Im Gegensatz zum Narrativ ist der Diskurs durch Subjektivität charakterisiert, durch die explizite oder auch implizite Anwesenheit eines "Egos" - einer Person, die den Diskurs bestimmt und aufrechterhält. Die Erzählung ist demnach charakterisiert durch Objektivität - also durch die Absenz jeglicher Referenz an einen Erzähler. Trotzdem gibt es natürlich Individuen mit bestimmten Interessen, die Narrative in die Welt setzen. Dieses "Narrative in die Welt setzten" geht aber nur innerhalb gewisser diskursiver Möglichkeiten. Akteure können nicht frei wählen, welches Narrativ sie freisetzen. Die diskursiven Möglichkeiten beschreiben das große Reservoir an Narrativen, die für verschiedene Zwecke mobilisiert werden können. Foucault wies in dem Zusammenhang auf die Wichtigkeit des Archivs hin - das Archiv als Formations- und Transformationssystem von Aussagen zu einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb einer bestimmten Gesellschaft. Das Archiv bestimmt, welche Aussagen im Diskurs bestehen und welche unterdrückt werden, sowie welche Gruppen Zugang zu bestimmten Arten des Diskurses haben. Wichtig ist, daß der Diskurs trotz seines systematischen Charakters kein geschlossenes System ist. Der Diskurs ist nicht nur ein System von Worten, er ist eine Entität, die in einem sozialen, ökonomischen oder politischen Kontext operiert. Trotzdem sind Diskurse nicht bloße Reflexion dieser Kontexte, sondern komplexe Meditation zwischen verschiedenen Codes, welche die Realität mit möglichen Bedeutungen belegen. Oszillieren: Akademisch <-> nicht akademischEine geradezu subversive Entwicklung zeichnet sich ab, und daran ist allein das Internet schuld: kein Medium vorher hat einen solchen Metadiskurs über sich selbst, unter Verwendung seiner selbst, für die Verbreitung dieses Diskurses erlebt. Die unglaubliche Flexibilität und das dialogische Potential des Internet haben dazu geführt, daß Medientheorie ins Zentrum einer Selbstreflexion gerückt ist. Diese ungewohnte Art der Produktion wissenschaftlichen Wissens führt zu einer Umstrukturierung und zu einer teilweisen Verlagerung aus dem akademischen Bereich heraus, der sich den Vorwurf einer institutionalisierten Behäbigkeit gefallen lassen muß. Gepaart mit dem nachweisbaren Hinterherhinken der institutionalisierten Kommunikationswissenschaft - so setzt sich der Textband, der am Wiener Institut zur Einführung verwendet wird, aus Beiträgen zusammen, die entweder älter als zehn Jahre sind oder alles tun, um diesen Eindruck zu erwecken - entsteht fallweise das Gefühl, hier würde am Diskurs vorbeigearbeitet. Diese Unzufriedenheit findet ihre "Vollstreckung" in einer Verlagerung aus dem akademischen Bereich, für die es zahlreiche Beispiele gibt wie die Mailingliste nettime (http://www.nettime.org) oder media.nexus (http://https://). Die Kritik an der Kommunikationswissenschaft kann nicht lauten, daß sie in diesem und jenem die ihr zugehörigen Bereiche verläßt, sondern daß sie sich weigert, genau dies zu tun. Die definitorische Qualität einer Wissenschaft mag ein wesentliches Mittel für die Argumentierbarkeit einer finanziellen Stützung sein, ihr selbst wird sie in diesem Fall hinderlich. Oszillieren: Theorie <-> PraxisDiese dritte Pendelbewegung ist die phänomenologisch am einfachsten zu unterstellende, denn die permanente Diskussion, neu angeheizt durch die anstehende Umgestaltung des Studienplans, zeigt, daß hier eine gravierende Divergenz im Verständnis der Disziplin besteht: unbesehen des Namens der Disziplin, die sie eindeutig in die wissenschaftliche Sphäre verweist, ist offensichtlich von mehreren Seiten ein starker Bedarf vorhanden, symbolische Praxis abzuhandeln, worunter eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Inhalten mitunter leidet. Die Gliederung in Praxisfelder und Übungen sowie die Praxis des Unterrichts beweisen, daß in einem wesentlichen Punkt komplette Uneinigkeit besteht: hat sich eine Vorlesung über "PR", "Werbung" oder "Journalismus" nun mit dem Handwerkszeug oder einer akademischen Kritik dieser gesellschaftlichen Felder auseinanderzusetzen? Hier fehlt sowohl eine klare Stellungnahme als auch eine einheitliche Praxis. Möglicherweise sind die Praxisbezüge als eine Art Kompensatorium für die fehlenden institutionalisierten Ausbildungswege in Österreich auf diesem Gebiet zu verstehen. Erstaunlicherweise wird zugleich der Ruf nach mehr Praxis, mehr Theorie und Abgrenzung von Fachhochschulen laut. Im Selbstverständnis ihrer Lehrenden handelt es sich um eine Wissenschaft, die zusätzlich berufsvorbereitende Übungen anbietet, dies aber nicht als ihre Hauptaufgabe ansieht. Im Selbstverständnis der Studenten handelt es sich zum überwiegenden Teil um eine Berufsausbildung, was mitunter dazu führt, daß der Anspruch der Wis |